Donnerstag, 1. Juli 2010

Ein Monat Deutschland

Ich bin wieder da. In Deutschland. Im perfekten Deutschland. Amelie holte mich vom Flughafen ab und versorgte mich mit feinsten Käsen und viel Zuneigung.

Mein altes Zimmer war in vollständigem Chaos. Der Maler war da und hat ordentlich aus- und in den Gang geräumt, so dass ich kaum die Türe aufbekam. Ich habe meinen Rucksack abgestellt, einen fremden Stringtanga hinter dem Bett aufgelesen und entsorgt, Kaugummis von Boden und Bett gezogen und meine dürstenden Pflanzen gegossen. Nein, daheim fühlte ich mich gar nicht. Und all die Dinge. Zwanzig Monate bin ich gut mit einem Rucksack ausgekommen und nun sind hier all die Dinge, die ich vor allem als einengend empfinde. Ich habe gleich in der ersten Woche vier grosse Umzugskartons Kleidung ausgemistet und fühle mich immer noch nicht fertig mit der Aufgabe. Wofür braucht man denn fünfzehn fast gleiche Hosen? Wieviel Geld ich dafür ausgegeben habe und wozu nur? Und all die Bücher und CDs machen mir im Grunde auch nur Angst. Da ist ja gar kein Platz fürs Leben! Ich schmeisse raus, aber gewaltig. Vermisst habe ich an Dingen mein Kletterseil, meine Skiausrüstung, mein Rennrad und meine Brettspiele. Dinge zum Tun eben. Mehr aber auch nicht.

Einige Begegnungen fand ich ausserdem bemerkenswert. Amelie und ich gingen in Grafing in eine Eisdiele. Es gab Kugeln, Waffeln, Sahne und, was für eine Freude, Schokoladensosse. Ich verlange eine Kugel in der Waffel mit Sahne und Eis, glücklich und freundlich. Da kommt nur ein muffiges "Schokoladensosse gibts nur im Becher" zurück und ich war erschrocken. Ich beharrte aber, ich würde auch alles bezahlen, ich hätte aber eben doch gerne eine Waffel. Das wurde mir erst nach längerer Diskussion gewährt.

Einen Bekannten traf ich in der Stadt. Er meinte, ich sei ja nun lange weg gewesen und hätte bestimmt viel erlebt, da könne man ja gar nicht fragen, soviel sei das. Mein Fahrrad hier sei aber sehr schmutzig, das hätte ich wohl nicht geputzt. Doch, meinte ich, die Schaltung funktioniere, die Kette sei nicht rostig und auch die Bremsen seien gut. Aber es sei doch schmutzig, beharrte er und dann musste er auch weiter.

Mein lieber Chef, Hans Rott, hat mir gleich einen Job an der Uni besorgt. Ich koordiniere (oder wie nennt man das?) nun einen interdisziplinären Antrag auf Forschungsgelder. Das freut mich sehr. Ich war klettern und treffe nach und nach Freunde und Bekannte.

Der Gang zum Arbeitsamt (der nötig war, um gleich wieder krankenversichert zu sein) war unerfreulich und unfreundlich und die Freude darüber, dass ich im Grunde locker einen Monat von meiner längst fälligen Steuerrückzahlung aus Australien leben können sollte, wurde mir durch einen Bescheid, ich müsse 480 Dollar nachzahlen, vermiest. Ich muss zahlen, nicht Australien. Das ist alles unschön. Aber so schlimm nun auch wieder nicht, die Sache mit dem Geld regelt sich schon. Ich bin ja mittlerweile ganz konsumfern und spare daher.

Ich bin wieder drin, in meinem alten Leben. Montags bis freitags gehe ich an die Uni und manchmal habe ich den Eindruck, ich habe ganz vergessen, dass ich weg war. Ich schreibe wieder für die Mittelbayerische und fühle mich ein bisschen verrostet, aber auch das stellt sich langsam wieder ein. Ich bin manchmal recht ungeduldig, mag gar nicht mehr zu lange sitzen. Und manchmal denk ich mir schon: ich mag das nicht, ich pack meinen Rucksack und zieh einfach wieder los. Aber ich kann mich bremsen. Und als kleines Zuckerl reise ich im August für zwei Wochen nach England- wandern mit Amelie und Bekannte besuchen.

Ich will mehr meine Ruhe, auch mal keine Leute um mich. Ich will nciht mehr in allzu viele Konzerte und ich kaufe kaum mehr ein. 50 Euro jede Woche fürs Essen, das sind normalerweise meine Ausgaben. Damit komme ich mir etwas seltsam vor. In Deutschland war doch eine meiner Beschäftigungen einige Dinge anzuschaffen, manchmal aus Unzufriedenheit, wegen eines Sonderangebots oder weil es sich eben gerade so anbot. Bilanz bis jetzt: nicht im Kino gewesen, ein Secondhandbuch für 4 Euro gekauft, eine kleine Stehlampe neben meinem Bett für acht Euro, weil die alte kaputt war, ein Kalender für meine Termine. Kein Restaurant, kein sonstiger Luxus. Ich fühle mich schräg, geizig, aber ich habe gar keine Lust auf Geldausgeben.

Ich bin ein wenig strenger mit mir, arbeite etwas konzentrierter als früher. Und ganz vergessen habe ich die Reise nicht. Ich gucke auf mein Leben hier aus einer etwas anderen Warte. Etwas gelassener, mit etwas mehr Humor und der Zuversicht: ich kann ja auch was ganz anderes tun. Sich trauen, den ersten Schritt machen, das hat sich als der große Unterschied zwischen Tun und Nichttun für mich erwiesen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf lässt sich hoffentlich auch viel anderes erreichen, nichr nur eine Fast-Weltreise.

Und am liebsten würde ich den Blog weiterschreiben, allein schon dafür gehts nicht ganz ohne meine ganz eigene Welt der Abenteuer! Ich weiss nicht, wies weitergeht, aber wer weiss das schon. Leben- noch nicht festgelegt wo und wie.

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