Samstag, 24. Oktober 2009

Wildlife, innen und aussen

Es hat ein bisschen was Verhextes in Bundaberg. Leo und ich passten am Wochenende auf Haus und Tiere auf. Auf den Hund Pearly jedoch offenbar nicht gut genug. Sie ist noch nie abgehauen, ist nun aber schon seit einer Woche verschwunden. Robyn erzählte mir davon, der Herr habe ihr gewispert, sie solle die Hunde einsperren, wenn sie wegfahren, aber nein, sie war ungehorsam und nun ist Pearly fort, die fröhliche, liebe Teenagerhundine. Ich joggte unseren Joggingrunden ab, ging durch den Busch, plauderte mit weit entfernten Nachbar- keine Pearly. Traurig sind wir alle ein wenig, am meisten wohl Lizzy, ihre Mutter und Spielgefährtin, die in der Früh kein Begrüssungsheulen mehr anstimmt.
Was hab ich nicht alles versucht, um in diesem als Arbeiterstädtchen bekannten Ort, Arbeit zu finden: Bekannte von Rolf antelefoniert, mit den Leuten von Jobagenturen, Arbeitshostels und sogar im Touribüro geredet, als Küchenhilfe beworben, die Bauern in der Gegend abgeradelt. Rolfs Bekannte Luisa führte zu einem weiterem Pflückerjob. Das hiess, um halb vier aufstehen und in die Stadt fahren (20 km), von dort in der Kolonne weitere 20km in die andere Richtung. Dann ein paar Eimerchen Tomaten gepflückt- ich wieder mal gewissenhaft nur die reifen und damit 6 Eimer, Leo zwölf,zu je 1,75 Dollar, aber alles, was ihm unterkam- und dann wars das auch schon nach eineinhalb Stunden. Man solle doch am nächsten Donnerstag nach drei Tagen Pause wieder erscheinen. Wir haben die Benzinkosten für Robyns Auto verdient, aber es scheint unmöglich, meine Bankdaten zu speichern. Zum dritten Mal wurde ich danach gefragt und nun sollte ich die Herrschaften gar in der Stadt treffen. Ach, ich vermisse meine Äpfel und Peter, das war mal sinnvolles, geordnetes Arbeiten! Aber ich bin ja nun nicht die, die aufgibt. Und morgen radle ich zu einem Tomatenfeld in der Nähe. Vielleicht lassen sie mich ein paar Tage pflücken. Und wenn ich nur zwanzig Dollar täglich verdiene, so hab ich doch nix verloren und muss nicht allzu früh auf.
Leo hat einen Job als Koch eine gute halbe Autostunde von hier angenommen und ist nun in einem winzigen Örtchen am Meer.
Ich wollte gen Süden reisen, Richtung Noosa, wo man so wunderbar surfen können soll. Dort habe ich auch einen Wwoofinggastgeber ausfindig gemacht, der mich vollständig zulaberte, als ich ihn anrief und er erfuhr, dass ich Philosophie studiert habe. Er scheint da auf einen Quacksalber gestossen zu sein, der ein paar Philosophen zitiert hat und nun sei sein Weltbild vollständig durcheinander. Meine Aufgabe bei ihm wäre dann zu philosophieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht an analytische Philosophie dachte. Ich sollte schon dort sein, er mich vom Zug abholen, aber seltsamerweise hat er meine Ankunft nicht bestätigt und so bin ich immer noch hier. Heute war Auktionstag in der Nähe. Versteigert wird Plunder und Wertvolles aller Grössen vom Porzellanpüppchen bis zum Traktor, der Auktionator schreit sich den Hals wund und es ist insgesamt ein wahrlich heiter Treiben, wenn eine Menschentraube von Objekt zu Objekt tippelt. Robyn schlug mächtig zu, erwarb einen ganzen Tisch mit Figuren, die weitgehend hässlich und sicherlich vollständig nutzlos sind und nun ihr hübsches kleines Häuschen im Garten zustellen. Rolf schüttelt den Kopf und weiss nicht, warum sie immer wieder scheunenweise Zeug kauft, das dann nur dem Schimmel und den Mäusen überlassen wird. Er erwarb einen Laptop und einen alten Computer- weiss der Himmel, ob sie funktionieren. Windows war nun leider nicht dabei. Ausserdem kauften sie haufenweise Holz für den Boden der Veranda. Das geölte Holz luden wir mit vereinten Kräften auf den Anhänger, von wo es einen Kilometer später auf die Strasse rutschte. Immerhin ist nichts passiert und irgendwie war es doch recht heiter. Nur den Vorschlag, ich sollte auf dem Holz sitzen, so dass es nicht mehr rutsche, konnte ich nicht ganz gutheissen.
Wir verstehen uns gut, wenn mir auch dieses fanatische Christentum bisweilen auf den Nerv geht.. Da erzählt er mir immer, dass ihn ausser der Bibel nichts interessiert und alle Philosophen nutzlos sind, weil sie sich auf den menschlichen Verstand stützen, der närrisch sei. Was Besseres als seinen menschlichen Verstand hat er aber auch nicht, um seine Bibel zu lesen, vermute ich. Ich bin geneigt, die Gemeinsamkeiten zu betonen und so reden wir über gesunde Ernährung und Verrücktheiten anderer Menschen und verschweigen die eigenen und besonders die des Gegenübers. Ein kleiner Triumph ist, dass er mittlerweile einsieht, dass ich genauso gut wie ein Mann bin. Dachte er doch zuerst, ich könnte ihm keinen Graben für sein Giesswasser ausheben oder ihm beim Holzladen und Befestigen helfen. Ich steige auf und darf nun gar die Terrasse mit verlegen, nachdem er sich von seinem Vorurteil der Nutzlosigkeit aller weiblichen Wesen in praktischen Dingen getrennt hat.
Ich habe genug gemalt, geschrieben und gelesen hier. Wenn auch die Bücherei weiter sehr verlockend ist: da gibt es z.B. Ray Monks Russellbiographie, Filme, die ich im Kino verpasst habe, herrliche Kunstbände und die unterhaltsame Zeitschrift „Psychology today“. Ausserdem konnte ich mit dem Hagen- und dem Emersonquartett mit Dvorak, Debussy und Ravel endlich mal wieder meinen Player auffrischen. Es fehlt also an nichts, aber ich will trotzdem noch mehr hier sehen als Bundaberg und Umgebung. Die nächsten Tage wirds hoffentlich mit Noosa und dem Yogaphilosophen klappen und danach zu meiner Autorin und ihrem Englischlehrergatten in der Gegend um Brisbane. Auf die beiden freue ich mich besonders, machen sie doch beide was, was mir sehr am Herzen liegt.
Deroweil weiter Faszination wildlife mit der braunen Giftschlange im Garten und dem eineinhalbmeter langen krokodilähnlichen Goana im Baum und der Tarantel an der Plumpsklotür. Immer schön locker bleiben...

1 Kommentar:

  1. Also das mit dem närrischen Verstand der Menschen is nu mal empirisch überreich belegt, da kann man nix sagen. Und dass die Welt des heiligen Geistes bedürftig is wohl auch nich. Wo er recht hat hat er recht....

    AntwortenLöschen