Donnerstag, 28. Januar 2010

Overland Track











Ui, das ist jetzt ein bisschen viel. Ich komme aus dem Busch gestolpert und glaube zu wissen, was weiter so ungefaehr passieren wird. Ich werde Lyn und Phil wiedertreffen und mit ihnen durch Tasmanien gondeln und dann werde ich nach einem Abstecher in Melbourne zu meinem Job zurueckkehren. Nein, so kommt es nun nicht. Lyn und Phil sind mit Freunden auf einer Yacht unterwegs und mein Job wird von einem Koch besetzt, der auf einmal angeschneit kam. Aber man koenne mir moeglicherweise 20 Wochenstunden geben. Ach. Ade, finanzielle Sicherheit und zurueck zum engagierten Sparen, das ich sowieso nie aus den Augen liess. Ausserdem gab es in Hobart Rettung. Jo, eine Couchsurfergastgeberin hat mich gleich ganz lieb aufgenommen und waehrend sie in einem Laden fuer Autoteile schuftet, sitze ich an ihrem Heimcomputer und organisiere um.

Was aber hat sich auf dem vielgepriesenen Overland Track ereignet, mag sich der interessierte Leser fragen. Es schuettete als ich mit dem Bus an meinem Anfangsvisitorcentre ankam. Da kam es sehr gelegen, dass in der Naehe ein Tasmanian Devil Sanctuary ist und ich doch nach Tasmanien gekommen bin, um mindestens einen Teufel zu sehen. So konnte ich den kleinen ueberaus flauschigen Tierchen sogar eine Streicheleinheit am Hintern verpassen, die sie sichtlich unberuehrt liess. Die Kerls leben allein, von einem Wurf mit haufenweise winzigen Teufeln ueberleben nur vier und die haengen an der Mutter so lange bis sie schliesslich deren Futter wegfressen. Menschen haben Teufel noch nie angefallen und daher ist der Name auch recht eigentuemlich fuer die wirklich niedlichen Tiere. Sanctuaries wurden in Tasmanien eingerichtet, da die Tiere an einem Gesichtstumor leiden, der gleich 70 bis 80 Prozent der gesamten tasmanischen Teufelbevoelkerung ausradiert hat. Nur an der suedlichen Westkueste gibt es noch einen gesunden Genpool und man hofft, dass das auch so bleibt, indem eine geplante Strasse dorthin nicht gebaut wird.

Nach den Schuettereien bei den Teufeln wurde es gleich bedeutend besser, ganz wie ich es geplant hatte und ich darf auch gleich verraten, dass sich daran bis zum Ende meiner Wanderung nichts geaendert hat. Bestaendig erzaehlte ich anderen Wanderern, dass ich eine Verabredung mit dem Wetter habe und sie taten wirklich gut daran, sich an mich zu halten.

Ach, der Trip war nett. Die Huetten hatten zwar keine Matratzen, aber so hatte ich wieder mal Gelegenheit, Loblieder auf meinen Schlafsack und vor allem auf meine Thermarestmatte singen zu koennen, die uebrigens sehr beliebt bei allen Wanderern zu sein scheint. Es gab viel zu sehen und auch immer wieder interessante Gesellschaft, starten doch taeglich 34 Personen auf dem Track, der in Listen der weltweiten Toptracks oft unter die ersten fuenf kommt. Ist verstaendlich. Der Pfad ist klar erkennbar, man stolpert mehr ueber Holzplanken als Felsen und die Landschaft ist abwechslungsreich. Uebertriebene Fitness braucht man nicht und so hatte ich auch genug Zeit, morgens noch ein wenig in der Huette herumzuplaudern anstatt wie auf Stewart Island gleich beim ersten Tagesdaemmer noch mit Taschenlampe loszurennen, um es unbedingt noch durch den Matt bis zur Huette am Abend zu schaffen. Das war ein anderes Kaliber. Als ich noch jung war ;).

Ich wollte die Zeit zur intensiven Besinnung ueber weitere Lebensplaene nutzen, ertappte mich aber dann doch viel mehr bei der Rueckschau auf mein bisheriges Leben, das ich vor allem Lucas erzaehlt, einem 27-jaehrigen Kanadier, der als cabinetmaker durch die Welt reist. Lucas trinkt gerne und viel, wie er frei gesteht. Im frei gestehen ist er ueberhaupt gut, ein netter, gerader und humoriger Typ, mit dem ich mich herrlich ueber einen deutschen Studenten amuesieren konnte. Robert, der Deutsche, hatte jedes Graemmchen abgewogen und guckte mit seinem mitgebrachten deutschen Kartoffelbrei doch immer sehr hungrig auf unsere reichen Maehler mit selbstgebrauten Suppen, Fisch und frischem Gemuese.

Derart gestaerkt schlugen wir uns durchs Gebuesch auf weniger ausgetrampelten Pfaden. Aber wir waren trotzdem sehr vorsichtig. Nicht nur, weil wir mehreren Giftschlangen begegneten und Lucas gar versehentlich auf eine trat, sondern auch, weil ueberall cushion plants wachsen, die sich von einem Stiefelabdruck erst nach durchschnittlich dreissig Jahren erholen. Sieht kuschelig aus, so eine Pflanze, mit vielen kleinen Pflanzen, ist aber dann doch sehr kratzig, wie ich vorsichtig mit einem Finger austestete. Ansonsten waechst ueberall das buttongrass, ein hohes Gras, das auf Feuer angewiesen, um immer wieder abzubrennen und neu zu sprossen. Auch die Eukalyptusbaeume moegen Feuer, eine Theorie ist, dass sie die Rinde abwerfen, um Feuer zu ermutigen.

An all die Menschen gewoehnt kamen kleine Wallabies, sogenannte pandemelons und igelaehnliche echidnae bis zur Huette. Die wie Rehe gesprenkelten Quolls, die wie eine Mischung aus Ratte und Katze aussehen warteten brav an den Wassertanks, da beim Abspuelen immer ein bisschen Essen abfiel. Possums warten da nicht lange, sie sind bekannt dafuer, dass sie gern mal eine Zeltwand durchbeissen, wenn sie Futter riechen. Und im Zelt geraten sie dann in Panik und machen einen Riesenreibauf und zeigen ihre kleinen Zaehnchen den armen verschlafsackten und daher nahezu unbeweglichen Menschen. Nein, da war ich doch irgendwie lieber in der Huette. Eine Nacht Zeltabenteuer mit Eisewind hat gereicht. Ich wachte dann mit Jacke und Muetze im Schlafsack auf...

Ich traf auf einen sehr attraktiven Wetteransager, auf fuenf fussballspielende Maedels, die bewirkten, dass ich mich wie ein rotwangiges Kindchen mit Lackschuehchen fuehlte bei soviel toughem Auftreten. Ich traf auf einen Tasmanier, der als Austausschueler herrliches Schwyzerdeutsch lernte und die siebenjaehrige Emma, die mit Papa und Au pair beachtlich auf Felsen herumkraxelte und sogar noch eine rechte Freude dran hatte. Vor allem Cyrus, der Ranger, war spannend. Er hat Kirschen und Aepfel gepflueckt, betreut den Track und die Wanderer in der Saison von November bis April und stuerzt sich in der restlichen Zeit ins Reisen und in Projekte. Letztes Jahr hat er im Garten seiner Mutter das groesste Tipi gebaut, das er je gesehen hat, in diesem Jahr will er Streckenparagliding lernen. Er ueberlegt, sich noch als Friseur und Portraetzeichner zu trainieren, um im Zustand des Abgebranntseins ein paar schnelle Dollar in der Fussgaengerzone machen zu koennen. Witziger und sehr netter Kerl, dem wirklich an der Umwelt liegt. Er hat nicht viel Zeug, hat er erzaehlt. Ein paar Shirts und zwei Unterhosen, berichtete er vor der Huette. Felicity, die dort Huettenwart ist, sah verschreckt auf. "But they are good ones", warf er daraufhin eilig ein und wir warfen uns fast ins Buttongrass vor Lachen. Ein klein wenig recht hat er ja. Merinoklamotten kann man wirklich sehr, sehr lange anziehen ohne dass sie stinken. Mein Shirt hat mich wieder eine Woche warm und trocken gehalten. Nur fuer die Haare ist noch kein kein Reinigungskraut gewachsen, das die Umwelt nicht verpesten wuerde und so war bald das wirklich erschreckende Stadium erreicht, wo die Haare auch nach Entfernen des Zopfgummis am Abend ihre genaue Position am Kopf behielten. Ohja, da hoere ich ein berechtigtes iiiiiiiiiih! Ist aber alles wieder gut, bin ich doch in der Zivilisation sofort in einem schicken Zimmer gelandet, das Jennifer, eine Bekannte aus Alaska bezahlt hatte. Sie wurde abgeholt und nutzte es daher nicht und da sie schon gezahlt hatte, kam ich in den Genuss. Zudem campte das Rentnerpaar Dennis und Mem neben mir, die mich zu ihrem leckeren Nudelabendessen einluden und mir Waescheklammern liehen, um die mit von den Franzosennachbarn geschenktem Waschmittel gewaschenen Klamotten aufzuhaengen.

Da war es dann auch wieder in Ordnung, dass ich 35 Dollar fuer die Faehre bezahlt hatte. Es handelte sich um ein kleines Boot fuer maximal 23 Passagiere. Und da der Kapitaen das Schiffchen oft lenkt, suchte er sich jemanden, der das fuer ihn uebernehmen koennte. Da war ich auch gleich dabei, lenkte das Boetchen souveraen ueber den See und am Ende rammte ich munter den Steg, da der Wind sich ein Vergnuegen machte. Ist nichts passiert und zumindest ich hatte viel Spass. Spass hat auch Seltendummerhase verbreitet, der aus meinem Rucksack lugte und auf jedem Gipfel dabei war und zu Spruengen in die Wasserfaelle ansetzte. Mit Bunny wie er hier heisst zu reisen, heisst, dass ich mich in ganz ungewohnt alberne Gespraeche verstricke und so mit noch groesserer Leichtigkeit die interessanten von den faden Menschen ausfiltere. Wer sich nicht Bunny abgeben will, ist auch meiner Unterhaltung nicht wuerdig, so!

Eine britische, 42jaehrige Wanderbekannte, die in Townsville, Queensland, Medizin studiert, meinte zum Abschied, es sei sehr inspirierend, mich kennengelernt zu haben. Ich wuerde das Leben wirklich lieben. Was fuer ein schoenes und wirklich von ihr vollstaendig unerwartetes Kompliment!

Leo hat sich in einer Leoaktion nach Brisbane geflogen und seinen Job verlassen, um sich meiner zu versichern. Natuerlich bin ich nicht dort und hatte ihm schon nach seinem letzten mehrtaegigen Saufabenteuer gesagt, dass ich mir ein Leben mit einem derart aktiven Alkoholiker nicht vorstellen kann. Da hilft auch nicht, dass er mir Kompass, Seife und Wandersocken geschickt hatte.

In Hobart bin ich mit dem Bus angekommen und sofort zu Jo(anna)s Arbeit gelaufen. Dort wurde mein Rucksack abgestellt und ich guckte Gitarren an, hatte ich doch am letzten Wandertag immer ein munter Lied auf den Lippen und haette doch gerne Begleitung. Klaviere sind doch nicht ganz reisetauglich. Mag also sein, dass ich bald mit Gitarre herumtingle. Jo hatte gestern einen anderen Couchsurfer, den 60jaehrigen Briten Steve zu Gast, der zum Braten Wein brachte. Die beiden betranken sich ordentlich und ich war wie immer mit meinem Wasser beschaeftigt. Wir hatten eine muntere Unterhaltung ueber Lebensplaene und das Reisen, das wir alle drei intensiv betrieben haben. Hat man erst einmal richtig damit angefangen, sieht man vielleicht sein Leben mehr in verschiedenen Reisestationen. Jo und ich flirteten wild mit dem wachen, attraktiven Steve und ich fuehlte mich von seinem Abschiedskuss und mehr noch seiner Einladung mit ihm Mitte Februar durch Neuseeland zu reisen, sehr geschmeichelt. Erst muss er nun einen zweiwoechigen Paraglidingkurs absolvieren.

Auch Peter, mein Apfelchef, beharrt darauf, dass ich jederzeit gern wiederkommen kann. Verlockend, das. Ich wuerde gerne nochmal so lange in den Baeumen ueber mein Leben nachdenken!

Aber, ja, es stimmt, irgendwie fuehlt sich diese Reise an, als wuerde sie bald gen Deutschland muenden, wo ich mich unglaublich auf eine feine Skitour, vor allem aber auf Freunde freue. Doch der Gedanke, mich wieder auf Jahre an einem Ort niederzulassen ist gerade sehr, sehr ungewoehnlich fuer mich. Mal sehen, wohin ich meine Segel setze.

Samstag, 16. Januar 2010

Tasmanien und wieder mal ein wenig Urlaub




Ich sitze in Weymouth, an der Nordküste Tasmaniens, im Häuschen von Lyn, Phil und ihrem Hund Rosie und blicke aufs glitzernde Meer, sanfte Wellen und einen herrlichen Sandstrand. Ja, das ist ein Traum. Zumal meine Gastgeber alles dafür tun, dass ich hier wirklich viel sehe und eine ganz wunderbare Zeit habe. Gestern holte mich Phil vom Flughafen ab. Ich war einigermassen durch den Wind, der Hals noch nicht ganz genesen und die Nacht unter der Rolltreppe am Flughafen war mit meiner Matte und dem Händchenhalten mit Seltendummerhase zwar nicht schrecklich, aber doch nicht ganz so erholsam, wie sie hätte sein können, zumal ich um vier auch wieder aufstand, hatte ich doch die Zeitumstellung von einem Bundesland ins nächste nicht bedacht. So war alles etwas müdigkeitsverschwommen für mich und ich bin auch hier nur fast vollständig wiederhergestellt.
Am Flughafen in Launceston, Tasmanien, testete ein Quarantänehund das Gepäck auf eingeschleppte Saaten. Netter, schlauer Beagle!
Mein letzter Tag in Byron Bay verlief zögerlich: früh brach ich mein Zelt ab und starrte dann auf die Wellen, die kein gutes Surfen versprachen. Ich traf Dave, einen Rollstuhlfahrer wieder, der täglich den Wellen nachsieht. Ich hatte anfangs gedacht, dass er vielleicht in seine Vergangenheit schaut, in der er noch laufen konnte, aber ich glaube, das hat er überwunden. 45, sehr fit, hat mehrere Häuser, arbeitet als Designer und meint, er wäre wohl einfach Bauarbeiter geworden ohne seinen Motorradunfall und wäre so oft wie möglich surfen gegangen. So, durch einen Irrtum, dachte er doch, der Skiklub, den er anrief war ein Wasserskiklub, nahm er mehrmals an den Paralympics teil, reiste viel nach Europa und Kanada, wurde Designer und renoviert mittlerweile sein sechstes Haus. Er surft sitzend und fährt mit Mountainbikereifen auch durch Sand und Schnee im Rollstuhl. Ich war beeindruckt von soviel Erreichtem und gut gelebtem Leben.
Mit ihm traf ich wieder einmal auf jemanden, der Häuser kauft und verkauft. Die Gegebenheiten sind hier sehr anders und damit der Markt. Häuser sind nicht für die Ewigkeit und daher ihre Besitzer flexibler. Man baut, man baut um, man reist ab, man zieht woanders hin. Es gibt mehr Land, weniger Menschen und eine andere Lebenseinstellung. Die Menschen verlassen sich nicht auf den Staat, fühlen sich aber auch weniger reguliert. Australien ist etwas "schicker" als Neuseeland. Man hat eher ein neues Auto und ein Haus, das sich auch in der Nachbarschaft sehen lassen kann. Aber all das ist doch noch bei weitem nicht so wichtig wie in Deutschland wie ich auch mit vielen anderen Deutschen, vor allem solchen, die schon länger hier leben, festgestellt habe. Weniger arbeiten und mehr leben und weniger haben.
Lyn und Phil haben ein hübsches, aber kleines Häuschen, ihr grösseres vermieten sie in der Stadt. Er arbeitete als Programmierer und tut das gelegentlich immer noch, ist passionierter Funker und internetfasziniert. Da stehen kaum Dinge herum, sie haben ihren selbstgebauten tollen Campervan, ein paar Bücher, ein Seakayak und vor allem eine unschlagbare Aussicht. Ich glaube, das ist der klassische nononsense Ansatz. Sie engagieren sich für die Umwelt und für andere, geniessen aber vor allem ihre Ruhe und die Möglichkeit zu reisen. Morgen werden wir gemeinsam auf einem Stück Land nahe Launceston campen, das sie vor einigen Jahren gekauft haben. Ein eigenes Stück Busch. Ich werde Socken und ein Taschenmesser erwerben, ist meines doch nach zehn Jahren treuer Begleitung verschollen. Nachdem ich den Overlandtrack gelaufen bin, werde ich nach Hobart fahren und dort zwei Tage das Küstenstädtchen angucken. Wir treffen uns dann auf halbem Wege und fahren auf der Insel herum zu den schönsten Flecken. Sollte sich was anderes ergeben, genüge ein Anruf, Hauptsache, ich hätte ein richtig gute Zeit in Tasmanien. Wieder einmal bin ich platt von soviel Gastfreundschaft und freue mich auf meine Zeit hier! Aber eines sehe ich jetzt schon: es sieht anders aus hier als in Neuseeland!
Nach den besten Mangoes der Welt in Queensland mümmle ich hier an den besten Aprikosen der Welt frisch aus Lyns und Phils Garten.

Donnerstag, 14. Januar 2010

Gelobtes Land mit ungelobten Vorfaellen


Byron Bay - das vom lonely planet so bezeichnete gelobte Land ist erreicht. Da gibt es Yoga, Massagen und viel Esoterik, viele Farben und vor allem viele Touristen. Ich bin vor allem platt. Da ist ein Kratzen im Hals und ein Ziehen im Knie, es ist furchtbar heiss und auch die Wellen an meinem ersten Surftag waren eher mittelmaessig. Als ich ziemlich verschwitzt zum zentralen Campingplatz "First sun" wankte und nach einem kleinen Plaetzchen fuer mich und mein Zelt fragte, kam die Antwort, das koste 46 Dollar. Ich konnte nur Maulaffen feil halten und fragen: Are you joking? Nein, man scherze nicht, es sei Hochsaison. Nun bin ich zwei Kilometer ausserhalb des gelobten Landes in einem gelobten kleinen Pinienwaeldchen mit viel feinem Schatten und zahle 15 Dollar in der Nacht, womit ich doch viel gluecklicher bin. Der Gipfel der Freuden war erreicht, als ich meine Brille zur Optikerin brachte, um neue Pads einzubauen. Zehn Dollar wollte sie und ich solle in einer Viertelstunde wiederkommen. Als ich wiederkam, rannte sie hinter die Theke schraubte an der Brille herum und kam dann wieder mit einem zerbrochenen Glas. Ich war so entsetzt, dass ich nur noch ein OH SHIT! herausbrachte. Sie meinte, das Glas war irgendwie am Rahmen stecken geblieben. Entschuldigt hat sie sich aber nicht, sie meinte nur spaeter, als ich das ansprach, "I did approach you in an apologetic manner" und nebenbei hat sich dann ihre Kollegin um alle eiligen Notmassnahmen bemueht, die dazu fuehrten, dass ich nach zwei Tagen ein neues Glas in der Brille habe. Die zehn Dollar fuer die Pads wurden nicht mehr erwaehnt....

Ziemlich turbulent waren meine letzten Tage in Mount Tamborine. Waehrend der Arbeit rief mich Tuty, meine Gastgeberin von The Escarpment an, ich moege doch zurueckrufen, um Kosten zu sparen. Ihre versteht sich. Dann eroeffnete sie mir munter, dass da ein Schreinerwwoofer zu ihnen kaeme ich am naechsten Tag die wunderbare, heisse und mit Muecken nur so singende Waschkueche verlassen muesse. Ich faende schon was anderes. Ich war freilich platt, war doch verabredet, dass ich die folgenden beiden Tage Vollzeit auf ihre Kinder aufpassen sollte. Ich rief bei Elizabeth und Vaughn an, die mir schon zuvor angeboten hatten, dass ich bei ihnen wohnen koenne und sie immer ein Plaetzchen fuer mich haetten. Sie nahmen mich sofort auf, liehen mir ihren Ute (Auto mit ordentlicher Ladeflaeche) und ich zog um. Bei Tuty war dann auch keiner da, ausser dem Baby Daniel, das man laessig im Zimmer eingesperrt hatte und das sich die Augen aus dem Kopf heulte. Sehr schoen! Alle sind jedenfalls entsetzt ueber den abrupten Rausschmiss, Carolynne, die Managerin so sehr, dass sie sich nun doch ernsthaft um einen neuen Job umsehen will.

Ich habe noch eine Weile ueber meine Rueckkehr auf den Berg nachgedacht und mich nun dafuer entschieden. Ich bin zwar keine Kuechenhilfe aus Leidenschaft, aber meine Kollegen sind so nett und wir haben soviel Spass, dass ich ein wenig mehr Arbeit gern in Kauf nehme, kann ich dann doch meine vier Wochen Urlaub geniessen und verbringe keine allzu unruhige Zeit, weil meine Ausgaben hoeher als erwartet sind. Und meine nette Familie ist doch wirklich sehr lieb. Sie nahmen mich am Sonntag auf einen chaotischen Trip, um grosse Holzbretter fuer ihre Kueche zu erwerben, die sie auf Ebay entdeckt hatten. Dazu sollte ich sagen, dass als ich am ersten Tag in ihrem Haus am Abend heimkam, gleich mal zwei Waende fehlten, die ihr ueberaus sportiver Freund Dave eben mal rausgehauen hat. Das soll nun auch munter so weitergehen. Aehnlich wie in Neuseeland baut man hier Haeuser nicht fuer die naechsten Generationen oder gar Naturkatastrophen, sondern eher in der Manier, in der man ein Zelt aufstellt: kann ja morgen schon wieder alles ganz anders positioniert werden! Dazwischen koenne man in einem Campingladen halten und ein Zelt kaufen. Keiner wusste, wie wir an unseren Bestimmungsort kommen sollten und Elizabeth war zwischen zwei Kindersitzen derart eingeklemmt, dass Vaughn darum bangte, dass eine Vollbremsung sie ihrer Schultern entledigt haette. Es dauerte alles drei Stunden laenger als gedacht, aber letztlich war doch alles gut und ich habe ein leuchtendoranges Zelt, nachdem das von Leo nicht mehr bewohnbar ist. Ich hatte ihm gleich gesagt, dass Zelte, auch wenn man in ihnen eine Nacht durchzecht hat, kein grosser Freund von Waschmaschinen sind. Leider hat Leo auch in seinem neuen Job wieder einen kleinen Trinkausflug unternommen, als er ein paar Tage frei hatte.

Daniel, einer unserer Koeche, hat mich nach Byron Bay chauffiert, was mich sehr geruehrt hat. Er faende es hier sehr schoen und ein Tag mit seiner Freundin hier waer doch fein, bevor sie nach Brisbane fahren, das zirka hundert Kilometer entfernt ist. Das macht meine Arbeit einfach wieder wett, das Fluchen ueber den stumpfen Kartoffelschaeler, mit dem ich eimerweise Kartoffeln schaelen soll, die Hitze, die streikenden Maeher (ich hasse unseren Amateurfadenmaeher im Dauerstreik, die hier uebrigens whippersnipper heissen), all das sind nur amuesante Erinnerungen. Letztlich schmilzt das zusammen und die Menschen und ihre Liebenswuerdigkeit bleiben.

Heute hatte ich meinen ersten guten Surftag, liess doch der Wind nach und die Wellen waren bestaendig und gut fuer meine Anfaengerfaehigkeiten. Ich zahle zwanzig Dollar fuer einen halben Tag Brett und als mir heute eine Finne davonschwamm, war das auch gar kein Problem fuer die Verleiher. Ich koenne zum Trost gern noch ein Bodyboard fuer eine Weile kostenlos leihen... Tat ich mit sehr viel Begeisterung, wie man sich denken kann!

Mein Zelt ist dank Opshop fast zur Luxusherberge geworden, hab ich doch ein Bettlaken fuer zwei Dollar erworben und meine Matratze mit Klamotten unterpolstert. Der hiesige Bauernmarkt hat mir tolle Fruechte beschert, vor allem eine leckere Mango, die ich mit Tony, meinem Busfahrerbekannten an einer Haltestelle teilte. Er gibt mir normalerweise Surftipps und chauffiert mich zu meinem Campingplatz, wenn das perAnhalterfahren nicht ganz hinhaut. Am Ende war wieder viel Freude und ich bin sehr gluecklich, bald nach Tasmanien zu kommen. Tassi soll Neuseeland arg aehneln. Mein Heimweh nach Neuseeland kommt immer wieder durch und da bitzelt auch immer wieder der Traum von einer kleinen Biofarm nahe Christchurch durch. Auch wenn ich Euch Deutsche sehr um den Schnee beneide... Ich hoffe, die naechsten Tage von meiner Schlappheit zu genesen und wie gewohnt munter zu sein. Die letzten Wochen waren doch sehr, sehr anstrengend und mein Koerper wollte eine Pause, die er wirklich verdient hat. Morgen noch ein wenig mehr Surfpflege und Luxusbiominzseife!

Am Campingplatz gibt es die supercoolen surfer, den auf Drogen schwebenden Althippie, den geschiedenen Penibelzeltfanatiker und die chaotischen Englaender, denen gerade das Geld ausgeht neben zwei Italienern, die viel zu viel kochen und mich mehrmals zum Essen einluden und einem Franzosen, der in seinem Leben noch nichts Schoeneres gesehen hat als den Overlandtrack. Alles da, alles bunt!

Meine Busgesellschaft ueberredete mich nach einem Tag Buchung, dass ich nun wirklich den Bus zwei Stunden frueher nehmen sollte. Der um viertel nach sechs brauche viel zu lange, ich muesse umsteigen, das sei doch nix. Und man wolle doch glueckliche Kunden. Aha. It is a strange, strange world!

Samstag, 2. Januar 2010

Der Zauberberg



Ich bin geschmeichelt und denke daher vielleicht nicht ganz klar. Gestern nahm ich mir ein Herz und erzaehlte Koch Herman und Kerrie, dass ich nur noch eine Woche arbeiten koenne, da ich dann nach Tasmanien fuehre (was fuer eine Form!). Herman meinte, das sei freilich immer in den Karten gewesen und er beglueckwuensche mich, weil ich was sehe, ich koenne sie immer als Referenz benutzen und haette gezeigt, dass ich einen Job, den viele nicht machen wuerden, weil sie ihn als unter ihrer Wuerde saehen, einfach richtig gemacht habe. Keine halben Sachen. Ich war erleichtert. Boss Kerrie hingegen war ganz geknickt und fragte mich nach meinen genauen Plaenen, die ich ihr bis zum vierten Februar auch genau nennen konnte - alles danach ist noch nicht gebucht. Ob man das nicht verschieben koenne? Nein. Ob ich nicht zurueckkommen koenne, danach. Sie wuerde mir auch ein Zimmer stellen. Und ich kam ins Gruebeln. Waere schon gut, nochmal weiter Geld zu verdienen, zumal ich dann nicht allzu knausrig sein muesste in meiner Reiserei. Ich fragte Koch Daniel, ob seine zarte Seele mich noch weiter ertragen koennte. Er scherzte, vielleicht faende man ja jemand besseren als mich. Ich stimmte zu. Dann er: hm, nein, nicht auf dem Berg! Ich bin wirklich platt, wie sehr man mich hier mag. Elizabeth und Vaughn reden staendig davon, mir ein Haeuschen zu bauen und dass ich auch immer gern zu ihnen ziehen koenne und nicht gehen solle. Ich ueberlege.
Leo ist in vielerlei Hinsicht fern, eifersuechtig, wollte mich erst nach Bali einladen, nun doch wieder nicht. Und wenn er will, kann er mich auch hier besuchen. Und in Nepal gibts Terror, sagt das Auswaertige Amt, zu dem ich nicht unbedingt reisen will. Hm. Jedenfalls ist klar, dass ich mein Reisefieber immer noch nicht ganz los bin. Fuer solche Faelle waere weiteres Geldverdienen gut. Man hat in Bungunyah auch mein Essen aufgestockt. Jetzt wird mir oft extra gekocht und ich esse nicht nur die Reste, die auch schon wunderbar waren. Im Gegenzug half ich ohne Bezahlung am 1.1. aus, hatten doch einige abgesagt und ich haette nicht arbeiten muessen. Da ich aber nun mal schon da war, half ich abspuelen, was natuerlich sehr gut ankam. Man ist dort so nett zu mir, dass ich damit kein Problem hatte. Ueberhaupt bin ich sehr beeindruckt von der ganzen Haltung gegenueber den Angestellten. Wie sehr man sich da um das Wohl der anderen kuemmert, dass auch alle genug zu essen haben und obs auch nicht im Ruecken zieht.
Trotzdem wars hart die letzte in der Kueche zu sein und noch um dreiviertel eins in der Silvesternacht das Restaurant zu saugen. Da war nix mit feiern und Feuerwerk gucken. Ich musste mich doch streng daran erinnern, dass ich zur Genuege feiere, wenn alle anderen arbeiten.
Mit Vaughn, Elizabeth und den Kindern war ich auf einem Bushwalk. Wir mussten durch einen Bach. Ich dachte mir, ich zieh lieber die Schuhe aus, bevor sie nass werden und ich in nassen Stinkeklumpen arbeiten muss. Natuerlich rutschte ich aus, hatte einen nassen Hintern und einen Schuh, den ich auswinden konnte.
Bei meinen Wwoofingleuten bin ich montags und dienstags voll mit Babysitten eingespannt, so dass ich keinen Tag frei habe in dieser Woche. Aber dann: surfen in Byron Bay, wandern in Tasmanien, Phil, Lyn und Rosie wiedertreffen und Kunst in Melbourne sehen. Wow!