Freitag, 26. Februar 2010

Das Zimmermaedchen war da

Ich bin zurueck auf meinem Berg. So etwas wie Alltag ist wieder eingekehrt. Ich arbeite wieder in Bungunyah. Da es nun aber Gavin gibt, der sich vor allem um Garten und Geschirr kuemmert, habe ich meist andere Aufgaben. Eine meiner Hauptaufgaben ist es makellose Zimmer auf absolut wahnwitzigem Niveau zu polieren. Ich saeubere also was laengst wirklich sauber ist. Zumindest nach meinem eben so gar nicht perfektionistischem Ermessen. Gail, meine sehr ambitionierte Kollegin meinte mit weit aufgerissenen Augen "Stell Dir nur vor, Du wuerdest in unserem Hotel uebernachten und ein Haar am Boden finden!". Oh ja, das schockiert eine, die in Indien mit sehr vielen Bettwanzen das Bett geteilt hat und Kloreiniger fuer Toiletten kaufte, die so etwas zuvor noch nie gesehen hatten. Aber nein, es geht darum, sich wieder einmal anzupassen. Ich werde fuer das Perfekte bezahlt und werde sogar dafuer gelobt, dass ich das Bett faltenfrei mache. Australische Betten sind sowieso ein ganz anderes Thema. Da werden Unmengen (bis zu sechs!) Kopfkissen ueberzogen und zwei verschiedene Riesenlaken gespannt. Dann kommt da eine Decke drauf, die auch wieder unter die Matratze zwecks Faltenfreiheit gezogen wird und dann kommt eine Tagesdecke drueber. Man hebt also staendig Matratzen herum, schiebt alles herum, faltet hier, faltet da. Eine endlos scheinende Prozedur, die in einem Bett muendet, das einem Kuvert aehnelt. Es bleibt einam als Schlaefer nichts anderes uebrig, als das ganze Zeug irgendwie unter den Matratzen wieder hervorzuzerren und selbst dann ist man in all diesen Lagen eingewurschtelt. Aber nein, so will das der Standard. Was kann ich da doch ein Loblied auf eine anstaendige Decke und ein Spannbetttuch singen! Dazu kommen Fussmatten, Handtuecher, sogenannte Facewasher (Minihandtuecher) und normale Duschtuecher, die natuerlich taeglich erneuert werden muessen. Interessant ist auch, wie viel verschiedenes Gift in den Zimmern verwendet wird. Glasreiniger, Vielzweckreiniger, Domestos, Duschreiniger, Bleiche, Toilettenreiniger, Spray and Wipe und Bleiche. Bleiche kommt in die bereitgestellten Tassen. Die sind dann zwar weiss, aber giftig. Sieht alles perfekt aus, ist aber wirklich nicht gesund. Auch ein Abdruck des Fusses einer Reinigungsperson auf dem Teppich kann zu halben Ohnmachtsanfaellen fuehren. Immer schoen vom Fenster zur Tuer saugen und beim Ausstecken des Saugers halb ins Zimmer fallen anstatt nochmal eine Spur zu hinterlassen. Man putzt sogar die Klimaanlage auf dem Balkon... All das dauert. Nun gut, solange ich fuer all das bezahlt werde... Das Vergnueglichste an all dem ist die Schatzsuche. Manchmal finde ich Muenzen auf oder unter dem Bett und Shampoos in der Dusche. Interessant, was Leute konsumieren, ob sie alle Milch und Kekse und sogar die kleinen Zuckertueten abstauben. Ausserdem meinte eine Kollegin, aha, ich sei nun wohl aufgestiegen, da ich mittlerweile auch als Bedienung taetig bin. Das ist so viel einfacher als das Geschirrspuelen. Ich huepfe in meinen schwarzen schicken OPshopklamotten herum, ernte neuerdings anerkennende Blicke von Kollegen und Gaesten und trage Getraenke und Essen herum. Mit dem Balancieren vieler Teller habe ich aber noch meine Probleme.

Mein Computer hat mich nicht mehr lieb, kein Programm will er ausfuehren. Dabei war ich so brav mit Firewall und Virenscanner. Nun ja, auch ich habe mich mit Alltagsproblemen rumzuschlagen.

Ich hatte eine Grossaktion zum Erwerb eines Fahrrads gestartet. Per Aushang kam ich an zwei Fahrraeder, die ein Ehepaar nicht mehr wollte. Kein Wunder- es handelte sich um platte Rostlauben. Das Fahrrad einer Kollegin war eine Steigerung, wenn auch die Schaltung nicht recht funktionierte, was bei den Bergen hier eindeutig ein Problem ist. Dann fiel aber einfach eines der Pedale ab und damit war nichts mehr zu holen. Einen Anruf hatte ich noch von einem Dave, der nach meiner Adresse fragte und am naechsten Tag ein aufgepumptes, rundum praechtig funktionierendes Fahrrad bei mir ablieferte. Alles bestens und ich bin derart gluecklich. Unabhaengigkeit, Transport! Zur Arbeit laufen und joggen und hitchhiken war doch ziemlich laestig...

Mit Elizabeth bin ich uebereingekommen, dass ich zehn Dollar fuer meine Verpflegung bezahle und weiter mithelfe. Die Familie ist sehr nett, man guckt aber sehr viel fern und es ist manchmal etwas anstrengend, dass immer sehr viel los ist. Die Kinder Zane und Xavier sind grosse Klasse, aber freilich laut und es herrscht mit den staendigen Bauarbeiten doch ein betraechtliches Mass an Chaos... Ich will manchmal einfach nur Ruhe, meditieren, lesen. Dann fluechte ich gen Buecherei oder Wiese.

Ich gebe zu, ich hatte ein kleines Tief letzte Woche, fuehlte mich etwas einsam, ziellos und vermisste den Schnee. Schnee, ach Schnee. Zwei richtige Winter verpasst, das ist doch traurig. Skitouren, seufz. Mit fast allem anderen werde ich ja gut fertig, aber das... Da war als Remedium Aktion das Richtige. Weiterhin viel Sport und Mails an meine lieben Freunde und vor allem weitere Recherche ueber mein nach Deutschland reisen und was ich dort tun will. Gegen Traurigkeit hilft nur ein emsiges Tun und am eigenen Schopfe herausziehen, jawoll!

Ich bin ziemlich begeistert ueber mein momentanes Fitnessprogramm. Ich, ja ich, bin jetzt erstmalig und fuer mich selbst sehr ueberraschend Mitglied im hiesigen Fitnessstudio. Vaughn nahm mich mit zum Training und irgendwie hat er schon recht, dass zu all meinem Ausdauersport mit Schwimmen, Radeln und Laufen Gewichte herumstemmen eine gute Ergaenzung waere. Wenn ich auch von den Uebungen zur Verbreiterung meiner Schultern nicht gar so arg beeindruckt bin. Wenn eines nicht mehr breiter werden muss, so sind das meine Schultern. Jedenfalls haenge ich nun an Klimmzugstangen und lasse mir die beste Hebetricks zeigen und kriege vor allem sehr oft von verschiedenen Menschen gesagt, wie stark ich doch bin, was mir freilich schmeichelt. Eine Schwimmlehrerin lud mich zu einer Stunde ein und zeigte mir gute Schwimmtechniktricks, so dass mein Butterfly doch viel besser und vor allem weniger anstrengend ist. Wir arbeiten an den Feinheiten!

Und nun das Beste zum Schluss. Es hat Fruechte getragen, mein Reisen. Ich wollte mir doch fern von allen meinen heimischen Einfluessen ueberlegen, was ich weiter machen will. Nun weiss ich es. Outdoor education, was im Deutschen leider leider den scheusslichen Namen "Erlebnispaedagogik" traegt. Vielleicht hat mich das Wort davon abgehalten, in Deutschland drauf zu kommen... Draussen sein, Menschen was beibringen, Sport, Natur, Gruppenarbeit, Lebensziele neu stecken, Kommunikation. Spass und was Sinnvolles tun! All das verbinde ich damit und forsche nun fleissig nach Verbindungen und weiterer Ausbildung. Der Gedanke an diese Karriere stimmt mich sehr gluecklich und ich hoere oft, dass man sich mich sehr gut fuer diesen Job vorstellen kann. Glueck, Freude! Kein quaelendes ewiges Hinterfragen mehr! Frank, der liebe Philosoph in Oxford, vermittelt mich mit einem seiner Freunde, der in diesem Bereich seit zwanzig Jahren taetig ist. Und da ich meine Heimflugplaene kuerzlich gen Suedamerika umorientiert habe, ist das umso besser, schliesslich ist Jon, besagter Outdoormensch meist dort unterwegs. So werde ich hier noch fleissig Geld sparen, hoffentlich noch ein paar Wochen in Neuseeland Aepfel pfluecken und dann ueber Suedamerika nach Deutschland fliegen. Kann sich freilich wieder mal aendern, scheint mir aber ein guter Plan zu sein.

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