Samstag, 19. Dezember 2009

Hoechst eigenes Porzellanglueck






Ha, mein Flug ist gebucht! Am sechzehnten Januar fliege ich nach Launceston in Tasmanien. Das war weit billiger als mit dem Zug und Schiff, was auch noch Tage gekostet hat. Ein bisschen ein schlechtes Gewissen hab ich zugegeben dabei und das kann auch mein ein Dollar Carbonbeitrag nicht so richtig wett machen. Aber es sind immerhin drei Stunden Flug von Brisbane nach Launceston. Das Land ist ein Grosses. Das haben auch Leo und ich festgestellt, der sechs Zugstunden von Perth entfernt arbeitet und den ich wohl so bald nicht wieder sehe.
Heute, am Sonntag, habe ich ausgeschlafen. Bis halb sieben im Bett herumgeluemmelt, ein nachgerade ungewohntes Gefuehl. Man macht mich wirklich hart arbeiten, meist von sechs bis um vier. Gestern grub ich mit Pickel und Spaten, jaetete riesige Flaechen Unkraut und schrubbte dann stundenlang sauberes Porzellan auf Weihnachtshochglanz, so dass mir heute noch die Hand weh tut. In alledem haette ich verzweifeln koennen. Doch nein, irgendwann ueberkam mich das grosse Grinsen und ich hatte genau das gleiche Gefuehl wie im letzten Jahr am Strand in Raglan. Was auch immer ich mache, ich bin frei, mich dazu zu verhalten. Und ich kann gehen wohin ich will und ich kann tausend Dinge tun und vor allem kann ich gluecklich sein soviel ich will. Eigentlich keine neue Erkenntnis, aber als Gefuehl ueberwaeltigend.
Zudem bin ich weiter schwer beeindruckt von den netten Menschen hier. Herman, mein hollaendischer Quasichef, hat mir gestern fuer eine dreiviertelstunde das Fahrrad repariert. Es handelt sich um eines dieser Marketingmountainbikes. Zwar sind sie mit Federungsschnickschnack ausgeruestet, dafuer aber fast so schwer wie ein Auto und natuerlich ist alles locker und die Schaltung hat mehr Eigensinn als ich. Herman hat mit mir Schaltung repariert, Rad befestigt, Lenker geschraubt. Einfach so.
Meine Chefin Kerrie meinte, ich solle doch nicht zugeben, dass ich hier als Kuechenhilfe und Gaertner arbeite, wenn ich Sean saehe. Der kanadische Backpacker hatte vor mir den Job und war wohl ziemlich untauglich. Er sei aber so "sweet" und man wolle ihm nicht das Herz brechen. Daher bitte sagen, ich sei auf Besuch. Man suche fuer ihn gerade eine Wwoofinggelegenheit. Ja, wer kuemmert sich denn so um unfaehige Exangestellte? Bin fassungslos.
Und auf meinem Heimweg komme ich bei Elizabeth und Vaughn (der ueber Bodybuilding und Kunstdefinitionen promoviert hat) vorbei, wo ich vor einiger Zeit einen Abend lang babygesittet habe. Die beiden sind eigentlich immer daheim, was sie sich dank geschickter Anlagen in Haeuser auch gut leisten koennen. Ohne jemals viel Geld gehabt zu haben, sind sie in diese Investitionen eingestiegen und haben nun einige Haeuser, die sie vermieten und die Mieter bezahlen die Raten an die Bank. Klingt phantastisch und scheint fuer sie herrlich zu funktionieren, sie sagen, sie haben nie einen nine to five Job und wenn jemand aus der Familie morgen eine teure Operation braeuchte, koennten sie ein Haus verkaufen und das Geld zur Verfuegung stellen. Ich bin schwer beeindruckt. Sie winken mich auf dem steilen Heimweg auf ein kuehles Getraenk rein und haben mir ein Handy gegeben, nachdem mein altes krankte. Das Handy hatte keinen Akku und kein Ladegeraet. Da passten aber meine, so dass ich nun ein halbes altes und ein halbes neues Handy habe. Leider hab ich aber auch alle meine Nummern verloren. Ich wuerde mich freuen, eine SMS oder Mail von Euch lieben Menschen zu bekommen, die Ihr wieder in meinem Telefonbuch fest verankert sein wollt.
Vaughn und Elizabeth bauen ein kleines Haeuschen an das ihre, ein sogenanntes granny flat, und moechten gern, dass ich dort einziehe. Als Wwoofer und ueberhaupt. Nun sind sie bald fuer ein paar Tage ueber Weihnachten weg, da ueberlassen sie mir gern ihren Hausschluessel und ihr Auto, wenn ich die Weihnachtstage anders geniessen wollen sollte. Und ueberhaupt duerfe ich zwar nach Tasmanien, letztlich aber auf keinen Fall von hier wegziehen, das waere zu schade. Zu ihnen kommt taeglich Dave, ein Freund, den sie auf der Strasse kennengelernt haben. Er ist gut im Reparieren und ist auch in The Escarpment als Gelegenheitshandwerker angestellt. Auch er sprang gleich gen mein Fahrrad und zog hier was fest und dort was an. Und dann gibt es noch Shane, der fuer zehn Jahre mit seiner Frau durch die Welt gereist ist und nun einen Bioladen am Berg hat. Er wollte mich auch gleich als Wwoofer und warb mit seinem Swimming pool. Ich bin schwer fasziniert, dass mich alle wollen und mir helfen.
Carolynne, die Managerin von The Escarpment mit acht Kindern, lieh mir ihr Handy, als das meine aufgab und fuhr neulich mit dem Auto zu meinem Arbeitsplatz, um zu sehen, ob ich fertig bin und sie mich heimkutschieren kann. Sie kuemmert sich staendig um mein Wohlergehen. Eine unglaubliche kleine Gemeinde mit lauter grosszuegigen und hilfsbereiten Originalen. Ich kann mir schon vorstellen, dass es grossartig ist, hier zu leben.
Sollte ich bei all der netten Gesellschaft aber trotzdem einsam sein, steht mir nun Seltendummerhase bei. Sein weiser Blick wies ihm den Namen als er aus einem Op Shop mit mir kam.
Ich will buddhistischen Moenchen Englisch unterrichten, vermutlich in Nepal. Gebucht ist das noch nicht, aber recherchiert. Ich glaube, das wird gut!

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