Sonntag, 30. Mai 2010

Singapur, Melaka, nur milder Asienwahn






Der Homöopath in Melaka schaute mich an und meinte: Sie brauchen Ruhe. Keine Medizin gegen ihren Schwindel, Sie hatten zuviel Stress, Sie müssen ruhen! Ganz einverstanden war ich damit freilich nicht. Stress? Ruhen? Den letzten Samstag hatte ich schliesslich in Manado den Tag schon im Bett verbracht. Nun muss mal gut sein!
Aber ich bin zumindest ein halbwegs gutes Kind und fahre jetzt gerade mit dem eisiggekühlten Bus in die Cameron Highlands nördlich von Kuala Lumpur. Da soll es kühl sein, zwischen 10 und 21 Grad, das ist doch mal ein Angebot nach dem Dauerschwitzen in Singapur und Melaka. Ich ertappte mich gelegentlich dabei, dass ich immer neue Shoppingmallbesuche rationalisierte (kühle Luft war der wahre Grund meines scheinheiligen T_Shirt-Interesses).Mit der Kühlstrategie umging ich geschickt einige Denkmale und Museen. Dieses Gefühl der Lonely Planetdiktatur schlauchte mich trotzdem etwas: man müsste und sollte doch hier noch was über die Portugiesen und die Holländer und über die mit Malaysiern verheirateten Chinesen lernen, die dazugehörigen Bauwerke bestaunen und überhaupt einfach tun, was man tun muss. Aber ich war stur. Ich folgte meinen Primärinstinkten und machte es mir zur Aufgabe, alle lokalen Spezialitäten auszukosten. Das gipfelte darin, dass ich bis abends um neun zwei Stunden vor dem Capitol Satay anstand, einem Restaurant, das auf eine Art Fondue spezialisiert ist. Ein Riesengaudi, die Spiesse mit Krabben, Grünzeug, Brotgebäcken, Hühnchen und den ubiquitären Fischbällen in der Mitte des Tisches in den gasbeheizten Pott zu tauchen und der Erdnusschillisosse mit Zucker beim Schmurgeln zuzuschauen. Dazu gibt’s eine frische Kokusnuss, die mit Strohhalm vor einem auf dem Tisch steht. Yummy! Und fürs Mittagessen habe ich das lächerlichste und doch zugleich unfassbar gute Dessert kennengelernt:Cendol. Es handelt sich um Kokosmilch, die über grüne (und das ist nicht ein sanftes Naturgrün, wir reden hier von Neon) Bohnennudeln gegossen wird. Unten sind irgendwo noch ein paar schwarze Bohnen, Zucker (muss sowieso überall rein, ob herzhaft oder scharf) und gecrushtes Eis.Wer die Luxusvariante mag, kriegt obendrauf noch Durianmus. Durian ist eine Riesenstachelfrucht (kann mit einer durchschnittlichen Wassermelone mithalten), die die Menschen in Liebhaber und Verächter unterteilt. Die Frucht riecht etwas streng. Ich kenne den Geschmack, weiss aber einfach nicht woher. Und ganz wie beim salzigen Hefebrotaufstrich Vegemite (und auch sonst...) bin ich stur: ich mag Durian und werde mir das Kennertum schon noch richtig beibringen! Momentan mampfe ich an kleinen Ananastörtchen, die ich mir für die Fahrt gegönnt habe. Ein Klassiker der Nonyaküche von Melaka. Ich meine, ich tue das ja alles wirklich nur für die Bildung und nicht zum Vergnügen. Keine Bewegung, derartige Studien – nein, das führt nicht zu einem Astralkörper...

In Singapur lud ich die Familie zu einem Fruchtfest ein – ich kaufte einfach alles, was verlockend schien und brachte die Tüten heim. Die Mutter hatte verraten, dass sie sich nur hie und da mal eine Frucht leisten.. Wir hatten Spass. Und ich durfte ihnen zum Schluss beim Beten zusehen, was mit einigem Auf- und Niedergehen verbunden ist und mich fast schon ein klein wenig an Yoga erinnert. Zu meiner Freude hatten wir am Tag zuvor in Little India kleine Plastiktierchen gefunden, die ein Kinderspiel sind. Kuti-Kuti - man schnippt ein Tier auf ein anderes, trifft man, darf man das Tier einsacken. Five stone ist ein Spiel, bei dem man kleine beschwerte Stoffsäcke nach einem bestimmten Muster werfen und andere gleichzeitig aufsammeln. Ich werde das dann mal nach Deutschland importieren! Ich wurde sehr lieb verabschiedet und könne jederzeit wiederkommen – Du hast nun eine Familie in Singapur! Ui, nun hab ich wirklich schon einige Familien in der Welt!

Ich schaute mir noch das Museum of Asian Civilisations an, das leider sehr viel Geschichte und wenig gegenwärtige Lebensweise ausstellt. Ich hätte gerne über das alltägliche Leben mehr erfahren und wenig über Herrschaft und religiöse Insignien. Eine gute Zeit hatte ich im Zoo, den ich nun nach meinem Freiwilligenjob mit anderen Augen sehe. Der Bezug zu den Tieren ist enger, die Orangutans rührten mich sehr, denn selbst ohne Käfige in diesem Zoo haben sie wenig Raum zum Toben und langweilen sich vermutlich gehörig. Die putzigen Sonnenbären, all die verschiedenen Affen der Welt, die Riesenechsen Komodo Dragon – ich mag sie sehr und komme doch schwer ins Grübeln über die Ausbeutung der Natur durch die Menschen.
Singapur soll vorbildlich sein für seine Müllbeseitigung und vor allem für sein Umweltbewusstsein und das Kümmern um die Naturbereiche. Das hat mich ein wenig das Gesicht verziehen lassen. Klar, da ist ein kleiner Regenwaldbereich, letztlich aber ist da viel, viel Beton für viele Menschen. Da kann man schon sagen, man kümmert sich gut um die paar Parks, die gerade noch erhalten sind. Malaysia investiert mächtig in Palmöl und das sieht man auch, wenn man mit dem Bus über Land fährt. Palmmonokulturen überall. Sind die Palmen erntereif, zieht man sie heraus und der Boden ist ziemlich ausgesaugt, kann nicht mehr als Wasserspeicher dienen und rutscht weg. So viele Beispiele, wie sorglos wir mit unserer Welt umgehen. Es drängt mich arg die Frage, wo ich mich am sinnvollsten engagiere, um einen guten Unterschied zu machen. Ein UN-Mann, der von einem Job in Osttimor zu einem anderen in Afghanistan unterwegs war, unterhielt sich mit mir in der Metro und meinte zum Schluss „Du machst das schon. Wir sehen uns in zwei Jahren in der UN. Ich glaube, ich könnte mit Bildung einiges erreichen. Je mehr Menschen wissen, was sie tun und warum sie es tun, desto besser.

Mein Seidenschlafsackliner ist mir zum engen Freund geworden und wir kuscheln fast jede Nacht. Liebevoll packe ich ihn in sein kleines Säckchen- eine fast automatische Tätigkeit, die mich sehr bewusst gucken liess, als ich vor ein paar Tagen auf etwas Festes der Länge meines Zeigefinger und eineinhalb seines Volumens in meinem Liner stiess. Mir war unklar, was das sein könnte (Bunny ist unschuldig) und wurde vorsichtig als es Geräusche wie Niesen von sich gab. Schütteln half nicht, das Etwas hatte sich sehr ernsthaft in meinen Liner gekrallt. Als ich den Liner umstülpte (vorsichtig, um dem vielleicht giftigen Etwas nicht zu nahe zu kommen), sah ich einen dicken fetten Rhinokäfer mit ernsthaften, kräftigen Fängen. Ich glaube, da will ich meine Finger nicht dazwischen haben und ich weiss freilich auch wieder nicht, ob die Tierchen giftig sind. Zum Glück konnte den Käfer ein Hotelangestellter beherzt herausziehen. Auch wenn ich nun kleine Löcher in meinem Liner habe.

Eine weitere kleine Anekdote: ohja, ich bin ja erfahren, so ein Loch im Boden ohne Klopapier ist durchaus mittlerweile eine respektable Toilette für mich. Eine westliche Toilette, auch ohne Papier, brachte mich aber neulich aus dem Konzept. Anstatt den Spülhahn muss ich den Duschhahn erwischt haben. Die kleine Düse kommt direkt am hinteren Teil der Schüssel heraus. Das ist richtig eingestellt ein vorsichtiges Tröpfeln, von mir betätigt aber schoss ein ansehnlichr Wasserstrahl auf Kopfhöhe direkt an mir vorbei und an die Klotür. Halleluja!

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